ECHOBOT

Kommentar: Der widerspenstigen Zähmung oder Echobot und das Print-Monitoring

Als junges Unternehmen versucht man sich dieser Tage nach amerikanischem Vorbild vor allem an sogenannten “disruptiven” Innovationen. Dies bedeutet, bestehende, etablierte Märkte durch Digitalisierung/Innovationen mit deutlichen Qualitätsverbesserungen und spürbar geringeren Preisen anzugreifen. Im Oktober 2013 hatten wir uns dem Thema des “komplett digitalen Print-Monitorings” angenommen. Aufbauend auf eine starke Kundenbasis, mit guten Ideen und einer grundsoliden technischen Umsetzung, konnten wir im Print-Monitoring einen starken Start und anfängliche Erfolge verbuchen. Und doch müssen wir heute, ca. 1,5 Jahre später, unseren Kunden und Interessenten leider mitteilen, dass sich der Ausbau dieses Bereichs aus unterschiedlichen Gründen für Echobot nicht mehr lohnt. Um die ganze Dramaturgie und die genauen Hintergründe zu erläutern, haben wir folgenden Beitrag verfasst:

Ouvertüre

Bei disruptiven Innovationen bewegt man sich laufend an der Grenze des technisch, wirtschaftlich und rechtlich Machbaren. Schon früh mussten auch wir uns deshalb in einem Rechtsstreit mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) mit dem Thema, das heute “Leistungsschutzrecht” genannt wird, auseinandersetzen. Die Tatsache, dass wir durch unsere Einigung aus dieser schwierigen Situation auch den zusätzlichen Zugriff auf Print-Inhalte herausverhandeln konnten, legte den Grundstein für die von uns angedachte Win-Win-Win-Situation eines gemeinsamen Angebots:

Für den Kunden wurde ein komplett digitalisierter Workflow für Print-Monitoring aufgesetzt. Schere und Kleber sollten etwas werden, das man nur noch aus Geschichtsbüchern kennt. Die Artikel sollten vom System bereits durchsucht werden, bevor die Druckausgabe überhaupt am Kiosk erscheint. Auch eine bedarfsgerechte Auswahl und der Download nur solcher Artikel, die man auch wirklich weiterverarbeiten will, sowie deren einfacher Erwerb über ein transparentes, verlagsübergreifendes Lizenzpreismodell konnten wir umsetzen. Die Vision eines rechtssicheren, schnellen und fairen App-Stores für Print-Clipping war Realität geworden.

1. Akt

Mit viel Euphorie und Ambition waren wir daraufhin an noch mehr Verlagspartner herangetreten und konnten auch innerhalb kürzester Zeit sehr gute Erfolge erzielen: Axel Springer, DuMont Schauberg, AFP, Vogel Business Media, Reuters, dfv, Sächsische und Stuttgarter Zeitung … insgesamt ca. 130 Titel haben wir aktuell im Angebot. Und auch von Kundenseite gab es sehr großen Zuspruch: Über 500 Unternehmen hatten sich für unsere Testphase bis Jahresende 2014 angemeldet.

Mit zunehmendem Interesse konnten wir auch unsere Prozesse standardisieren. Und während am Anfang noch jeder Vertrag einzeln verhandelt wurde, zeichnete sich mit der Zeit ab, dass immer wieder dieselben Rückfragen von Verlagsseite angemerkt wurden, die sich schnell vereinheitlichen ließen. Auch die technische Integrationszeit der Inhalte konnten wir von anfänglich 1-2 Wochen auf 1-2 Tage reduzieren. Alles lief so gut, dass wir sogar einen erfahrenen Experten für den Ausbau dieser Partnerschaften einstellten.

Intermezzo – Die Monitoring-Branche und die PMG

Natürlich hat unser Angebot in der Branche einige Wellen geschlagen. Vor allem, weil wir die Suche und die Treffervorschau für Print-Clippings komplett kostenfrei angeboten haben und auch eine umfangreiche Archivrecherche anbieten konnten. Ein solch „erfolgsabhängiges“ Modell, bei dem man nur wahlweise für Treffer bezahlt, war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Recht schnell hatten wir auch Gesprächstermine mit den großen Anbietern der Branche und durften uns auch über Hausbesuch von der Presse-Monitor GmbH (PMG) freuen. Zwar waren die genauen Entscheidungsstrukturen der PMG für mich eher undurchsichtig, jedoch hatten wir ja bereits drei der Eignerverlage unter Vertrag, weswegen wir auf eine positive Entwicklung hofften.

Kernpunkte der Diskussion für eine Zusammenarbeit mit der PMG waren die Entwicklung und Nutzung einer Schnittstelle (um sich nicht manuell über die Kunden-Accounts einloggen zu müssen). Zudem war die Möglichkeit, diese anbieten zu können, ohne dass jeder unserer Kunden noch einen separaten PMG-Vertrag abschließen muss, unser Wunsch. Wir sprachen aber auch über das Zusammenspiel zwischen Print-Veröffentlichungen und korrespondierenden Online-Abdrucken – ein Thema, an dem z.B. auch unsere Partner aus dem Nachrichtenagentur-Bereich (AFP und Reuters) großes Interesse hatten. Über mehrere Termine und Monate zogen sich die Diskussionen bis zuletzt auf den Kommunikationskongress 2014 in Berlin hin – leider warten wir bis heute sowohl auf eine Schnittstelle als auch auf ein passendes Angebot. Vielleicht sah man in Echobot durch unseren Do-it-yourself-Ansatz doch eher den Wettbewerber als eine Chance, die PMG zu einem Plattformbetreiber auszubauen.

Durch die aus meiner persönlichen Sicht monopol-ähnliche Stellung der PMG und ihrer „quasi offiziellen Beauftragung“ durch die VG Wort bzgl. §49 UrhG ist dies natürlich etwas problematisch. Auch Verpflichtungen der Partner aus §8.1/9.1 des sog. Mittlervertrags sprechen nicht für eine offene Partnerkultur. Hier verpflichtet man sich, “…keine Aktivitäten zu unternehmen, die gegen die PMG gerichtet sind oder der PMG schaden….

[und] … die PMG unverzüglich davon zu unterrichten, wenn […] bekannt wird, dass Dritte Artikel […] in elektronischen Pressespiegeln verwenden, ohne dass dafür eine vertragliche Vereinbarung mit der PMG […] besteht.”

Arie im 2. Akt

Während die Verhandlungen gerade mit kleineren Verlagen aufgrund der oben geschilderten Situation schon nicht einfach waren, so sind sie mit der Einführung des Leistungsschutzrechts (LSR) komplett ins Stocken geraten. Zwar sieht das Gesetz eben gerade vor, dass man als Anbieter suchmaschinenähnlicher Dienste einzelne Verträge mit Rechteinhabern abschließen soll – nach unseren Erfahrungen aus dieser Zeit ist hierdurch bei Inhalteanbietern aber stattdessen eine große Unsicherheit entstanden: Welche Abteilung darf überhaupt welche Kompetenzen/Rechte lizenzieren?  Konkret sind in sechs Fällen trotz guter Empfehlungen, netter Gespräche und bereits fertig ausverhandelter Verträge plötzlich keine Entscheidungen mehr aufgrund internen Kompetenzgerangels zustande gekommen.

Am besten/schnellsten reagiert haben hier die großen Verlage. Sie haben ihre Vermarktung konsequent in eigenen Firmierungen zentralisiert, z.B.: Axel Springer in der„Axel Springer Syndication GmbH“ oder DuMont in der„DuMont Service GmbH“. Viele kleinere Anbieter haben bis heute aber noch keine Strategie dafür.

Keine “marktfähige” Print-Abdeckung

Natürlich möchte man als Kunde nicht mit mehreren Dienstleistern zusammenarbeiten. Und so müssen wir sang- und klanglos zugeben, dass wir unser Ziel,  bis Ende des Jahres 2014 eine “marktfähige” Printtitel-Abdeckung zu erreichen, verfehlt haben. Die Investitionen für diesen Versuch belaufen sich bereits auf mehr als 250.000 Euro (hauptsächlich Personal-/Entwicklungskosten). Zwar haben wir das Beste aus der damals schlechten Situation gemacht und auch viel gelernt,  aber das ist einer der Fehler, die man als junges Unternehmen lieber vermeiden sollte. Aus Branchenkreisen haben mir mehrere Personen mit viel Erfahrung bestätigt, dass ein solcher Aufbau in dieser Branche mindestens 5 eher 10 Jahre dauert. Nicht unbedingt die Geschwindigkeit, die mich als Internet-Unternehmer begeistert.

Print verliert IM MITTELSTAND an Wichtigkeit

Auf knapp 750 zahlende Unternehmen beläuft sich unsere Kundenbasis mittlerweile. Und abgesehen von einigen Konzernen und Behörden haben wir in intensiven Gesprächen herausgefunden, dass der klassische “Abdruck” fast gänzlich an Wichtigkeit verliert. Ein Kunde aus dem Mittelstand hat es treffend zusammengefasst:

“Herr Karweg, Ihr Dienst ist sehr gut, um zu wissen, dass wir im Print-Bereich erwähnt wurden, klassisches Clipping machen wir hier aber schon lange nicht mehr.“ Schaut man sich die harten Zahlen an, ist auch klar warum: Gerade einmal 5% unserer Kundenbasis haben seit Anfang 2015 überhaupt Erwähnung in den von uns analysierten Leitmedien gefunden. Spannender sind da schon Fach- und Regionalmedien, aber diesen “Long Tail” in die Abdeckung zu bekommen, ist wie oben beschrieben einfach zu aufwändig.

Sonderrechte für Google gratis

Auch “super” ist, dass man für Google irgendwie immer Ausnahmen findet. Vor einiger Zeit hat die Regionalzeitung des Remscheider General-Anzeigers auf eine Paywall umgestellt. Als normaler Nutzer (oder als Echobot) lassen sich  Artikel nicht mehr aufrufen  – für Google hat man natürlich eine Ausnahme eingerichtet. Bei Print-Inhalten lässt sich mit dem  Google Play Kiosk ähnliches beobachten, wenn auch diese Nutzung für den Endverbraucher gedacht ist.

Epilog – so geht’s weiter

Im Endeffekt kann man zusammenfassen, dass sich der Aufwand, den Print-Bereich weiter auszubauen, einfach nicht lohnt. Wir haben es versucht und können nur jedem anderen Start-up davon abraten. Selbst wenn man sich dafür entscheidet, sorgt die volatile politische Lage immer wieder für neue Überraschungen.

Die meisten der über 130 Titel, die wir aktuell im Angebot haben, werden weiter verfügbar sein – der aktive Ausbau des Programms wird jedoch bis auf weiteres auf Eis gelegt. Konkret sind jedoch die Verträge mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z./F.A.S.) und Reuters leider kürzlich ausgelaufen. In diesem Zuge haben wir speziell auch die Inhalte von (FAZ.net) aus dem Online-Index genommen – anders als für Google gab es für Echobot nämlich keine kostenfreie Ausnahme. Sonst ändert sich gerade an der Abdeckung des Online-Monitoring und Social-Media-Monitoring aber nichts.

Bastian Karweg, Geschäftsführer Echobot Media Technologies GmbH

Zuletzt möchten ich mich aber auch für die vielen tollen Kontakte aus der “Print-Welt” bedanken. Ich habe viele innovative und hochprofessionell arbeitende Kollegen kennenlernen dürfen. Fast alle “wollen” auch etwas zur Digitalisierung/Modernisierung beitragen, es scheint nur manchmal, dass die Umstände dies nicht zulassen.

Viele Grüße, Bastian Karweg
(CEO Echobot)

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